Unbegrenzte Rabatte auf den Großhandelspreis?
PHAGRO warnt vor Aufgabe der Mindestvergütung. Die Mitgliedsunternehmen des PHAGRO | Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels sprechen sich gegen eine Freigabe unbeschränkter Rabatte auf den Großhandelspreis aus. In einem Positionspapier rufen sie die Politik dazu auf, die Versorgungslage mit Arzneimitteln nicht zu gefährden. Die Leistungsfähigkeit des Pharmagroßhandels stehe in direktem Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der Apotheken: „Wir sehen uns als Partner der Apotheken, mit denen wir gemeinsam die flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten sicherstellen“, heißt es im Positionspapier. „Wenn die Wirtschaftlichkeit des Pharmagroßhandels in Frage gestellt wird, werden auch Apotheken und Patienten die negativen Folgen spüren. Es ist insofern ein Beitrag zur Erhaltung der Apothekenstruktur, den Großhandel nicht weiter zu schwächen.“
Im Koalitionsvertrag vom 9. April 2025 haben CDU/CSU und SPD vereinbart: „Das Skonti-Verbot heben wir auf.“ Bereits die vorgeschaltete AG „Gesundheit und Pflege“ hatte sich für diese Maßnahme ausgesprochen und erklärt, diese sei „finanzneutral“, da es sich um eine „Verschiebung zwischen Großhandel und Apotheke (15.000 Euro je Apotheke)“ handle. Hochgerechnet auf rund 17.000 Apotheken bedeutet das einen Ergebnisverlust von 255 Millionen Euro jährlich – bei einem Gesamtergebnis der Branche von 310 Millionen Euro im Jahr 2024.
Damit würden zwangsläufig negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Großhandels und das heutige Niveau der Arzneimittelversorgung einhergehen. Die Absenkung des Leistungsniveaus könnte z.B. zur Folge haben, dass Apotheken nicht mehr mit sämtlichen Arzneimitteln, nicht mehr mehrmals am Tag oder nicht mehr am Folgetag beliefert werden können.
In dem Positionspapier erklären die acht vollversorgenden Pharmagroßhandlungen in Deutschland, die „Aufhebung des Skontoverbots“ sei nicht nur in der Sache abzulehnen, sondern schon dem Begriff nach irreführend. Denn bei diesen sogenannten Skonti handle es sich um nach oben unbegrenzte Preisnachlässe, die sich in der Regel nicht durch eine vorfristige Zahlung begründeten: „Was nun als ‚Skonto-Freigabe‘ deklariert wird, ist in Wahrheit der Einstieg in eine Umverteilung vom Großhandel hin zu den Apotheken – der Großhandel soll zugunsten der Apotheken auf den gesamten Großhandelszuschlag Rabatte geben können.“ Zudem habe es nie ein „Skontoverbot“ gegeben. Denn die vollversorgenden Pharmagroßhandlungen gewähren weiterhin Skonti, jedoch entsprechend dem BGH-Urteil vom 28.02.2024 beschränkt auf den variablen Großhandelszuschlag.
Leistungsfähigkeit setzt Wirtschaftlichkeit voraus
Die PHAGRO-Mitglieder begrüßen die Absicht, beim Arzneimittelversand gleiche Wettbewerbsbedingungen für Apotheken und Versender zu schaffen und letztere stärker auf die Einhaltung von Temperaturvorgaben zu verpflichten. Damit wird eine gemeinsame Forderung von Großhandel und Apothekerschaft von der Politik aufgegriffen. Wichtig wird sein, dass diese Vorgaben künftig wirksam durch die zuständigen Aufsichtsbehörden kontrolliert werden. Positiv bewertet wird auch, dass der Koalitionsvertrag die Bedeutung der Versorgungssicherheit betont und sich für die Stärkung der Apotheken als „erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung“ einsetzt.
Der Beitrag des vollversorgenden Großhandels dazu, dass Patientinnen und Patienten in der Regel jedes Rezept jederzeit kurzfristig einlösen können, werde jedoch völlig übersehen: „Der Großhandel erfüllt Aufgaben, die weit über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen – und die im politischen Raum oft nicht gesehen oder für selbstverständlich gehalten werden. Dazu gehören neben der bedarfsgerechten zeitnahen Belieferung aller Apotheken eine vorausschauende, tiefe Bevorratung, das aktive Monitoring von Lieferengpässen und die Fähigkeit, auch in Krisensituationen – etwa bei Pandemien, Naturkatastrophen oder internationalen Lieferkettenstörungen – die Versorgung aufrechtzuerhalten.“ Auch die Vorfinanzierung der von Apotheken abgegebenen Medikamente durch den Großhandel gehört zu den oft übersehenen Leistungen – jährlich sichert die Branche so Waren‑ und Zahlungsströme im Umfang von 4,4 Milliarden Euro ab.
Doch Leistungsfähigkeit setzt Wirtschaftlichkeit voraus. Schon heute ist die Abgabe einer Vielzahl von Medikamenten, insbesondere der hochpreisigen, für den Großhandel ein Verlustgeschäft.
PHAGRO-Mitglieder appellieren an Politik
Es sei darum dringend erforderlich, dass alle Akteure entlang der Handelsketten ausreichend vergütet werden. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn die Apotheken jetzt auch noch aus dem Festzuschlag des Pharmagroßhandels quersubventioniert würden.
Vor diesem Hintergrund appellieren die PHAGRO-Mitgliedsunternehmen an die künftige Koalition: Eine angemessene Vergütung der Apotheken muss durch eine Anpassung der Apothekenzuschläge gesichert werden und nicht durch die Gewährung vom BGH verbotener Nachlässe auf den Großhandelszuschlag. „Wir leben in einer Zeit multipler Krisen“, heißt es im Positionspapier. „Die Politik muss Probleme lösen und keine neuen schaffen. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung ist ein hohes Gut, das keinesfalls gefährdet werden darf.“
PHAGRO-Pressemitteilung vom 10. April 2025
