Mehr Mut zur Modernisierung
Die Schaffung von mehr Dynamik unter Wahrung nachhaltig solider öffentlicher Finanzen stand im Mittelpunkt der Herbsttagung des Ausschusses Steuern und Finanzen des BGA am 24./25. Oktober 2024. Auf Einladung des Ausschussvorsitzenden Thorsten Klindworth fand die Tagung in Wiesbaden in den Tagungsräumen der A. B. S. Global Factoring AG statt. Bereits am Vorabend trafen sich die Ausschussmitglieder mit Klaus-Peter Willsch MdB, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Rheingau-Taunus-Limburg. Mehr Mut zur Veränderung lautet der politische Ansatz von Klaus-Peter Willsch, um Deutschland für die vielfältigen Herausforderungen fit zu machen. Der Austausch über die konjunkturelle Talfahrt der deutschen Wirtschaft, die stockenden und unzureichenden politischen Signale der Ampel-Koalition und deren Lösungsansätze waren Schwerpunkt des Gesprächs und den weiteren Beratungen am folgenden Tag.
„Nicht schuldenfinanzierte Staatsfonds, sondern verbesserte Rahmenbedingungen in allen Politikbereichen für die Breite der Unternehmen können nur der geeignete Weg aus der aktuellen konjunkturellen und strukturellen Krise sein“, so Klindworth zum Auftakt der Sitzung des BGA-Beratungsgremiums, die erstmals wieder regional stattfand. Er hob in der Eröffnung hervor, dass die Stimmung gegenüber der Regierung knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl sehr kritisch sei. Die Lage bei den Unternehmern sei nach der jüngsten BGA-Konjunkturumfrage so schlecht wie nie zuvor. Die Bundesregierung habe mit ihrem 49 Punkte-Programm zumindest anerkannt, dass es Wachstumsimpulse bedarf, um wieder Fahrt aufzunehmen. Zweifelhaft sei jedoch, ob diese vollständig umgesetzt werden und tatsächlich ausreichen, um die Wirtschaft wieder in Fahrt zu bingen. Vor diesem Hintergrund stand auf der Agenda der Herbsttagung eine volkswirtschaftliche Einschätzung zur weiteren Entwicklung, die Lage der öffentlichen Finanzen sowie wirtschafts- und steuerpolitische Anforderungen.
Mit dem Vorsitzenden des Verbandes Die Familienunternehmen in Hessen Dirk K. Martin diskutierte der Ausschuss die Steuerpolitik als Standortpolitik. Er ging dabei auf die Unternehmensteuerbelastung ein und skizzierte die Handlungsanforderungen von der direkten Besteuerung bei Körperschaftsteuer, Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag, über Erbschaft- und Vermögensteuer bis hin zu Rechtsvereinfachungen und Verfahrensbeschleunigungen. Die sinkende Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb fordert eine Modernisierung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung, so Klindworth in seiner Zusammenfassung. Jüngste Forderungen aus SPD-Reihen, bei Erbschaften und Vermögen stark zuzugreifen, bewertete Klindworth dabei als beschäftigungspolitisch kontraproduktiv und wirtschaftspolitisches Harakiri. Er stellte fest, dass der BGA und der Verband Die Familienunternehmer in der Zielsetzung grundsätzlich weitgehend übereinstimmen und die Auffassung teilen, dass die Unternehmensbesteuerung auf maximal 25 Prozent begrenzt werden müsse und auch strukturelle Reformen notwendig seien, um die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland für Investitionen aller Unternehmen attraktiv zu gestalten.
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland diskutierte der Ausschuss mit Marc Schattenberg, Senior Economist Macroeconomics bei der Deutschen Bank Research. Er teilte die Einschätzung des BGA, dass für das Wirtschaftswachstum in 2024 bestenfalls von einer Stagnation ausgegangen werden könne und sieht für 2025 nur schwache Perspektiven. Im Weiteren ging er auf die strukturellen Ungleichgewichte der wirtschaftlichen Entwicklung und die wirtschaftspolitische Ausrichtung der fiskalischen Maßnahmen der Bundesregierung ein. Er unterstrich dabei die Bedeutung der Industrie für den Standort Deutschland und führte aus, dass die nachlassende Inflation zwar die Realeinkommen stütze, der private Verbrauch sich aber angesichts verunsicherter Konsumenten nur langsam belebe. Zudem zeige sich die Wachstumsschwäche inzwischen auch am Arbeitsmarkt. Mit Blick auf die erwarteten wirtschaftlichen Impulse aus den von der Bundesregierung beschlossenen 49 Maßnahmen wurde das hieraus erwartete Wirtschaftswachstum von +0,6 Prozentpunkten für zu optimistisch gehalten, da die Umsetzung unklar, die Maßnahmen zu kleinteilig seien und bislang zu wenig umgesetzt sei. Vor diesem Hintergrund schlug er mit Blick auf die Handlungsanforderungen vor, die Prioritätensetzung bei den Ausgaben zu überprüfen, Bürokratie abzubauen und durch Digitalisierung und Netzausbau zu beschleunigen, sowie die hohen Energiepreise als einen zentralen strukturellen Wettbewerbsnachteil durch eine geringere Besteuerung zu senken sowie die Netze auszubauen und das Speicherproblem zu lösen. Vorsitzender Klindworth unterstrich, dass diese volkswirtschaftliche Einschätzung deutlich werden lasse, dass eine Verbesserung der Wettbewerbssituation und mehr Dynamik nur durch verbesserte Angebotsbedingungen am Standort Deutschland erreichbar seien und daher mehr Mut zu Reformen erforderlich sei.
Abschließend erläuterte BGA-Geschäftsführer Michael Alber die Eckpunkte zum Bundeshaushalt 2025 mit Blick auf Ausgaben, Einnahmen und die Neuverschuldung. Vor diesem Hintergrund wurde neben den Rekordausgaben für Investitionen vertieft auf die Ausgaben für Verteidigung, Soziales und Zinsen eingegangen, die als Hauptausgabenblöcke inzwischen fast 60 Prozent des gesamten Bundeshaushaltes beanspruchen. Zudem verwies er auf die Entwicklung der Staatsschulden, die allein in den Jahren 2020 bis 2022 um rund 25 Prozent angestiegen sind und auch weiterhin hohe Werte verzeichnen. Auf die BGA-Konjunkturumfrage verweisend, vertrat er die Auffassung, dass das Öffnen der Schuldenbremse keine Lösung für die konjunkturellen und strukturellen Herausforderungen und auch kein Beitrag zur Generationengerechtigkeit sei, sondern die Prioritäten bei den Ausgaben überprüft und mehr Dynamik geschaffen werden müsse.
Zur Steuerpolitik führte er an, dass trotz abgeschwächter Steuerentwicklung nach den Ergebnissen der Steuerschätzung vom 22. bis 24. Oktober erwartet werde, dass die Einnahmen die Schwelle von 1.000 Milliarden Euro im Jahr 2026 überschreiten werden und es angesichts der Herausforderungen und Belastungen eine Modernisierung und Vereinfachung auch im Steuerrecht bedürfe, anstelle weiter an der Steuer- und Abgabenschraube zu drehen. Vor diesem Hintergrund sei kritisch, dass das sog. Steuerfortentwicklungsgesetz aufgrund koalitionsinterner Unstimmigkeiten von der Agenda des Plenums im Deutschen Bundestag genommen werden musste. Betroffen hiervon sind insbesondere die Anpassung des steuerlichen Existenzminimums und eine „Rechtsverschiebung“ der Eckpunkte des Einkommensteuertarifs für die Veranlagungszeiträume 2025 und 2026 sowie die Investitionsanreize für Unternehmen über verbesserte Abschreibungsbedingungen. Unabhängig hiervon plädierte er dafür, weiter für eine Reduzierung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung einzutreten und verwies hierzu auf die Positionierung des BGA gemeinsam mit sieben weiteren Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft in der Stellungnahme zum Steuerfortentwicklungsgesetz vom 2. Oktober 2024.
Vorsitzender Klindworth stellte zusammenfassend fest, dass auch bei den besonderen aktuellen Herausforderungen eine auf solide Finanzen ausgerichtete Haushaltspolitik erforderlich sei. Dabei müssen die Prioritäten auf der Ausgabenseite überprüft werden und dürfen die Sozialausgaben nicht ausgenommen werden. Er bekräftigte, dass die Investitionstätigkeit in Industrie und Mittelstand, gestärkt werden müsse, wozu gerade eine Unternehmensteuerreform mit international wettbewerbsfähigen Steuersätzen, attraktiven Abschreibungsregelungen und strukturellen Modernisierungen beitragen könne.


Michael Alber
Geschäftsführer
Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin
030 59 00 99 571
michael.alber@bga.de

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