Gesetzgeberischer "Trick" beim Hinweisgeberschutz
Am kommenden Freitag wird der Bundestag in erster Lesung über zwei Formulierungshilfen zum Hinweisgeberschutz beraten. Das Hinweisgeberschutzgesetz wurde am 16. Dezember 2022 vom Bundestag verabschiedet, erhielt jedoch am 10.02. 2023 nicht die notwendige Zustimmung des Bundesrats.
Mit den beiden Formulierungshilfen soll nun der zustimmungsbedürftige Teil des Gesetzes (betreffend Beamtinnen und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst) ausgegliedert werden, während der übrige Teil des Gesetzes betreffend alle anderen Arbeitnehmer und Personen in einem - dann nicht mehr zustimmungspflichtigen Gesetz - ein gesondertes Gesetzgebungsverfahren durchlaufen soll.
Die Formulierungshilfe "Entwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden" ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem vom Bundestag am 16. Dezember 2022 verabschiedeten Gesetz. Er regelt den Hinweisgeberschutz auf Bundesebene und zwischen Privatpersonen und wird von der Bundesregierung als nicht zustimmungspflichtig angesehen.
Die Formulierungshilfe "Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz" betrifft dagegen Beamtinnen und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst und bedarf damit der Zustimmung des Bundesrats.
Inhaltlich gibt es folgende Änderung: Das Hinweisgeberschutzgesetz soll bereits einen Monat statt - wie im vom Bundestag beschlossenen Gesetz vorgesehen - drei Monate nach Verkündung in Kraft treten. Die Bußgeldvorschrift für die Nichteinrichtung bzw. den Nichtbetrieb einer internen Meldestelle soll dagegen erst sechs Monate nach Verkündung in Kraft treten.
Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass die EU das Vertragsverletzungsverfahren wegen der verspäteten Umsetzung der sogenannten Whistleblower-Richtlinie bereits eingeleitet hat und auch eine Klage vor dem EuGH angekündigt wurde.
Der BGA sieht es äußerst kritisch, dass nun mit einem gesetzgeberischen "Trick" versucht werden soll, die Zustimmung des Bundesrats zum Hinweisgeberschutzgesetz zu umgehen. Für derartige Fälle ist aus gutem Grund im Gesetzgebungsverfahren der Vermittlungsausschuss vorgesehen, in dem angemessene Kompromisse erarbeitet werden können. Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss auf diese Weise entwertet. Dies gilt umso mehr, als die Regierungsfraktionen zudem noch die ursprünglichen Fristen zum Inkrafttreten verkürzt haben. Ob das sechs Monate spätere Inkrafttreten der Bußgeldvorschriften hier mögliche Härten durch die knappe Frist verhindern kann, ist fraglich.
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Justiziarin, Abteilungsleiterin Recht + Wettbewerb
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