Neue Hoffnung für das EU-Mercosur-Abkommen?
Über 20 Jahren hat die EU schon mit dem Mercosur verhandelt und vor rund 2,5 Jahren wurden die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen. Nur mit der Ratifizierung des Abkommens hapert es noch erheblich auf beiden Seiten. Käme es dazu, entstünde jedoch die größte Freihandelszone der Welt, mit mehr als 700 Millionen Menschen, welche fast 20 Prozent der Weltwirtschaft und 31 Prozent des weltweiten Warenexports abdeckt.
Die aktuelle Südamerikareise des Bundeskanzlers findet daher nicht zum Vergnügen statt. Seine viertägige Reise durch Argentinien, Brasilien und Chile ist eine Werbetour – für die deutsche, aber vor allem die europäische Wirtschaft. Diese sucht in den aktuellen Zeiten von Krieg und Chaos verlässliche Handelspartner. Der MERCOSUR ist ein wichtiger Markt, gerade für Unternehmen, die infolge der aktuellen Krise ihre Lieferketten diversifizieren müssen.
Bei den Gesprächen wird es insbesondere darum gehen, ob das fertige Abkommen mit der Vereinbarung von Zusatzprotokollen zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes gerettet werden kann. Aber auch um die Frage, ob das gesamte Paket noch einmal geöffnet werden muss, um veränderten politischen Gegebenheiten in den MERCOSUR-Staaten Rechnung zu tragen.
MERCOSUR ist die abgekürzte Bezeichnung für den Mercado Común del Sur, übersetzt „Gemeinsamer Markt des Südens“ – und das ist, was der Mercosur quintessenziell auch ist. Neben Argentinien und Brasilen gehören der Wirtschaftsorganisation zudem Paraguay und Uruguay an. Für die südamerikanischen Staaten bietet sich ein Weg aus Armutskrisen sowie einer steigenden Inflation, gegenüber der sich dieser Tage vor allem Argentinien wappnen muss. Aktuell exportieren die Länder größtenteils Agrarprodukte in die EU.
Diese wiederum exportiert vor allem Industrieprodukte in den Süden. Die EU benötigt aber auch die reichen Rohstoff- und Mineralvorkommen der südamerikanischen Staaten, so zum Beispiel Lithium. Der Rohstoff ist essenziell für die Herstellung von Batterien für Elektroautos. Da in der EU ab 2035 keine Verbrennerautos mehr neu zugelassen werden und die Union bis 2050 klimaneutral werden will, könnte ein MERCOSUR-Abkommen nicht nur im Kampf gegen Energieunsicherheit, sondern auch gegen den Klimawandel, helfen.
Jetzt schon exportieren 12.000 deutsche Unternehmen in den MERCOSUR. Aber nicht nur sie würden profitieren. „Das würde Lateinamerika und besonders dem MERCOSUR nutzen, es würde Europa nutzen, und es würde auch den Multilateralismus stärken in einer Welt, die dabei ist, wieder bipolar zu werden.“, so der argentinische Präsident Fernández. Bisher sagt Scholz jedenfalls, er habe in Südamerika „guten Geist und guten Willen entdeckt“.


Marcus Schwenke
Abteilungsleiter Außenhandelspolitik + Importförderung + Entwicklungszusammenarbeit + Projekte
Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin
030 59 00 99 594
marcus.schwenke@bga.de

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