Praxisfremde EU-Lieferkettenrichtlinie jetzt stoppen!
Gut gemeint, aber schlecht gemacht: Die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie würde insbesondere den Mittelstand in der Praxis überfordern und zu einem Rückzug europäischer Firmen aus vielen Ländern führen. Acht große Wirtschaftsorganisationen appellieren daher an die Politik, diese Richtlinie jetzt zu stoppen und gemeinsam eine bessere Regulierung zur Sicherung der Menschenrechte auf den Weg zu bringen.
Berlin/Frankfurt, 22.01.2024 – In einem gemeinsamen Schreiben an die Bundesregierung, die EU-Ratspräsidentschaft sowie weitere europäische Entscheidungsträger fordern die Wirtschaftsorganisationen BGA, Gesamtmetall, Mittelstandsverbund - ZGV, Stiftung Familienunternehmen und Politik, textil+mode, VCI, VDMA und ZVEI, die europäische Lieferkettenrichtlinie zu stoppen. In Kürze steht die Abstimmung der Botschafter im Ausschuss der Ständigen Vertreter und danach das Votum des Rates der EU-Mitgliedstaaten an. „Schon die Vorgaben durch das deutsche Lieferkettengesetz haben dazu geführt, dass auch kleine und mittlere Unternehmen innerhalb ihrer Lieferbeziehungen von den Belastungen völlig überrollt werden. Eine EU-Lieferkettenrichtlinie, wie nun geplant, hätte bürokratische Überlastungen und Rechtsunsicherheit in einer neuen Dimension zur Folge“, warnen die Verbände. Die Richtlinie erschwere den Außenhandel und gehe zu Lasten europäischer Arbeitsplätze und Wertschöpfung.
Dies gelte insbesondere mit Blick auf drei Aspekte der Richtlinie:
- Unternehmen sollen demnach fast alle Stufen ihrer Lieferketten global auf Verstöße gegen Menschenrechte sowie Umwelt- oder Sozialstandards kontrollieren. Gerade Industriefirmen haben häufig jeweils Zehntausende oder sogar eine sechsstellige Zahl von Zulieferern, von denen jährlich ein beträchtlicher Anteil wechselt. Die Kosten allein zur Befolgung der Vorgaben würden für einzelne Unternehmen nicht selten Millionensummen erreichen.
- Die Richtlinie macht keine klaren Ausnahmen – nicht einmal für die Lieferbeziehungen innerhalb des ohnehin schon stark regulierten EU-Binnenmarkts. Eine explizite Ausnahme aller im EU-Binnenmarkt ansässiger Zulieferer und Kunden wäre – als Gebot eines risikobasierten Ansatzes – aber dringend geboten.
- Nicht nur Lieferanten und deren Lieferanten sollen laut den EU-Plänen kontrolliert werden, sondern auch Geschäftskunden. Es ist jedoch eine völlig realitätsfremde Annahme, dass mittelständische Betriebe ihren Geschäftskunden Vorschriften machen könnten, wie und wo die verkauften Produkte letztendlich zum Einsatz kommen.
Deutliche Kritik üben die Verbände auch an der vorgesehenen zivilrechtlichen Haftung. „Es ist schlicht praxisfremd zu verlangen, dass Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten für Pflichtverletzungen haften sollen, die in ihren Lieferketten geschehen – und dies noch weltweit“, heißt es in dem Appell. Während Nichtregierungsorganisationen von eigenen Klagebefugnissen profitieren sollen, können auf Unternehmen zusätzliche Beweisanforderungen zukommen. „Auf diese Weise können die oft unkalkulierbaren Haftungsrisiken dazu führen, dass sich Unternehmen aus betroffenen Regionen zurückziehen“, warnen die Verbände. Es würde eine neue Klageindustrie entstehen, die zu mehr administrativen Kosten in den Unternehmen führt. Die Unsicherheit im Außenhandel nähme zu.
Dabei ist die Wahrung der Menschenrechte rund um den Globus ein Ziel, dem sich auch die Unternehmen eindeutig verschreiben. „Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sind für europäische Unternehmen maßgebend. Daran orientieren sie schon heute ihre globalen Lieferbeziehungen und tragen europäische Standards über ihre internationalen Partner in die Welt“, betonen die Verbände. Europäische Unternehmen nun aber unter Generalverdacht zu stellen, würde sich in der Praxis als kontraproduktiv erweisen, „der ökonomische Substanzverlust in der EU würde sich durch eine solche Lieferkettenrichtlinie weiter verschärfen“, heißt es. „Lassen Sie uns anstatt des Weges über die Richtlinie gemeinsam einen neuen Anlauf nehmen und im Dialog miteinander überlegen, auf welche Weise wir unsere Standards beim Schutz von Menschenrechten und Umwelt über die globalen Lieferketten weltweit noch effektiver durchsetzen können“, resümieren die Wirtschaftsorganisationen.
Berlin, der 22. Oktober 2024
Ansprechpartner für die Presse:
Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen
Florian Block, Telefon: +49 30 59 00 99 520, E-Mail: presse@bga.de
Gesamtmetall, Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie Alexander Dennebaum, Telefon + 49 30 55150-215, E-Mail: dennebaum@gesamtmetall.de
DER MITTELSTANDSVERBUND – ZGV e.V.
Juliane Wehr-Ibold, Telefon: +49 30 59 00 99 661,
E-Mail: j.wehr-ibold@mittelstandsverbund.de
Stiftung Familienunternehmen und Politik
Roland Pichler, Telefon: +49 30 226052915,
E-Mail: pichler@familienunternehmen-politik.de
textil+mode
Petra Diroll, Telefon: +49 30 726220-22, E-Mail: pdiroll@textil-mode.de
Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI)
Ilka Ennen, Telefon +49 69 2556-1549, E-Mail: ennen@vci.de
Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI)
Thorsten Meier, Telefon: +49 69 6302 425, E-Mail: thorsten.meier@zvei.org
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA)
Holger Paul, Telefon: +49 69 66 03-1922, E-Mail: holger.paul@vdma.org


Trumps Zölle und deren Auswirkungen
Einordnung der Zollvorhaben
mehr
Mercosur: Handelsteil soll separat ratifiziert werden
Ratifizierung im Frühjahr 2026
mehr
Konjunktur in Deutschland: Weiterhin verhaltenes Bild
Wirtschaftliche Belebung noch nicht in Sicht.
mehr
Studie: Lieferkettensorgfaltspflichten im Großhandel
Ergebnisse der Umfrage zur Umsetzung der nationalen Gesetzgebung
mehr
Aus der Rezession zum Wachstum: Welche Wege führen uns aus der Krise?
4. Wahlarena mit Esra Limbacher MdB, SPD
mehr
Digitalisierung: Der Wahlkampf vermeidet die unangenehmen Fragen
Ein Kommentar von Michael Nitsche
mehr
BGA-Wahlaufruf: Am 23. Februar für die Wirtschaft wählen!
Erholt sich die Wirtschaft, geht es auch den Bürgerinnen und Bürgern besser.
mehr
18. BME-/VDV-Forum Schienengüterverkehr
Der BGA ist Kooperationspartner der Veranstaltung.
mehr
18. Lateinamerika-Konferenz ein voller Erfolg
wirtschaftlichen Potenziale Lateinamerikas und der Karibik
mehr
WAA diskutiert über Freihandelsinteressen Deutschlands
257. Sitzung des Wirtschaftsausschusses für Außenhandelsfragen (WAA)
mehr
BGA beteiligt sich an EU-Konsultation zu Handelsbarrieren im Binnenmarkt
Erhebliche Handelshemmnisse erschweren Handel
mehr
Bundesweiter Wirtschaftswarntag
Eine so breite Verbände-Allianz gab es noch nie.
mehr
Ein Handelskrieg kennt nur Verlierer
Die Zollentscheidung hat teure Folgen
mehr
Über hundert Verbände und hunderte Unternehmen machen mit beim Wirtschaftswarntag am 29.1.
Kundgebungen und Aktionen bundesweit / größte Verbände-Allianz in der Geschichte der Bundesrepublik
mehr
Klimaschutz und Konsum in Einklang bringen
18. BME-/VDV-Forum Schienengüterverkehr - 29.-30.Januar 2025
mehr
Wirtschaftsausblick bleibt weiter trübe!
Das Bruttoinlandsprodukt ging im vierten Quartal 2024 um 0,1 Prozent zurück
mehr
Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2024: Wirtschaft im zweiten Jahr in Rezession
mehr
Julia Klöckner eröffnet die „BGA-Wahlarena" mit engagiertem Auftakt
"Die Großen bauen ab, die Kleinen machen zu: Wie schaffen wir die Trendwende in der Mittelstandspolitik?"
mehr
BGA-Geschäftsführerkonferenz: Deutschland vor der Wahl
Dr. Franziska Brantner, Parteivorsitzende Bündnis 90/ die Grünen, politische Gastrednerin
mehr
BGA-Auftaktpressekonferenz: Kurswechsel jetzt!
Groß- und Außenhandel zwischen wirtschaftlichem Abschwung und bürokratischem Infarkt am 21. Januar
mehr