Wachstumschancengesetz bohrt dickes Brett, wo starker Bohrer benötigt wird
Die Versagung der Zustimmung von Bundesfamilienministerin Paus im Bundeskabinett zum Wachstumschancengesetz war ein Paukenschlag im politischen Berlin, den keiner wirklich ernsthaft erwartet hat. Dennoch wurde er Realität. Die deutsche Wirtschaft sieht sich mit den noch nicht gänzlich überwundenen Folgen der Corona-Krise beschäftigt und steckt nun mitten in der Bewältigung der Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine einerseits und den politischen Zielen nach mehr Klimaschutz andererseits in einer doppelten Zange. Zunehmende Bürokratie und steigende Kosten liegen zermürbend auf Investitionsentscheidungen, wo dringend eine Modernisierung des Wirtschaftsstandortes Deutschland benötigt wird. Sinkende Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit überzeugen nicht, in Deutschland mehr zu investieren, als unbedingt notwendig. Dazu muss mehr geschehen, als die Blockade zu überwinden. Es müssen mit starken Bohrern die dicken Bretter lähmender Bürokratie und hoher Belastungen gebohrt werden.
Die durch die Blockade gestartete Diskussion, dass der Erfolg der Unternehmen nur durch eine gut ausgestattete Kindergrundsicherung möglich wird, mutet an, wie die Diskussion, ob Henne oder Ei zuerst da waren. Sie ist unverständlich, widersprüchlich und unnötig. Die Blockade im 279 Seiten umfassenden Entwurf fokussiert auf kalkuliert 6,6 Milliarden Euro an Entlastungen, versperrt aber den Blick auf die Zielsetzung, dass zur Bewältigung der Herausforderungen aus Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Digitalisierung und Demografie mehr Investitionen und Innovationen benötigt werden. Angesichts der dafür erforderlichen milliardenschweren Investitionen sind die fünfzig Maßnahmen nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen. Aktuell sind nicht nur Vorhaben geplant, die Investitionsimpulse setzen, sondern auch Maßnahmen vorgesehen, die weitere Verschärfungen und Bürokratie für Unternehmen bringen werden.
Dabei sind gerade sprudelnde Steuereinnahmen wichtiger denn je, um die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte voranzubringen und die Tragfähigkeit der massiv gestiegenen Staatsschulden intergenerativ zu sichern. Geschätzte Steuereinnahmen im Jahr 2025 von über einer Billion Euro – zum Vergleich vor zwanzig Jahre waren es gerade einmal 440 Milliarden Euro – können nur durch wirtschaftliche Dynamik erreicht werden. Dazu brauchen wir eine leistungsfähige, moderne und digitale Infrastruktur, die Erschließung neuer Märkte, attraktive Produkte und Technologien nicht nur im Klimaschutz, sondern insgesamt eine generell verbesserte wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gegenüber unseren Wettbewerbern. Nicht einmal Krisen konnten die aufwärtsgerichtete Steuerentwicklung nachhaltig unterbrechen. Dass sich diese Entwicklung grundsätzlich fortsetzt, ist erstrebenswert. Dazu bedarf es mehr Dynamik, Innovationen und Digitalisierung. Deutschland droht jedoch an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, wenn flankierende politische Signale ausbleiben.
So bleiben die Unternehmen nach der Blockade des Wachstumschancengesetz erst einmal ratlos zurück, während SPD, Grüne und FPD über die Auslegungs- und Deutungshoheit für den gescheiterten Anlauf zum Wachstumschancengesetz ringen. Letztlich hat, selbst wenn mehr Geld in die Kindergrundsicherung fließen sollte, das Vertrauen in die Bundesregierung massiv Schaden genommen. Erste Stimmungssignale im Großhandel deuten darauf hin, dass diese Form der Politik, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Anforderungen der beschäftigenden Unternehmen hinten anstellt, den Vertrauensverlust noch verschärft. Die Bundesregierung bleibt mit ihren zaghaften, widersprüchlichen und unklaren Botschaften weit hinter den wirtschaftlichen Anforderungen der Unternehmen zurück.
Diese Bundesregierung muss nun nicht nur erkennen, dass die Zeit des Darüberhinwegsehens und der Fingerhackeleien zu Ende ist. Angesichts sinkender internationaler Wettbewerbsfähigkeit, die sich im Großhandel in immer mehr Unternehmen mit wegbrechenden realen Umsätzen und erhöhten Kosten für Energie, Beschaffung und Personal spiegelt, können wir uns keine politischen Zwiste auf dem Rücken der Unternehmen und ihrer Beschäftigten leisten. Die Blockade schnell zugunsten von Investitionen in die Zukunft zu beenden, mutig und entschlossen die angebotsorientierten Rahmenbedingungen für mehr Dynamik zu gestalten, ist dringlich geboten. Wenn die Ampel-Koalition Bürgern und Betrieben Entlastungen verwehrt, dann sollte sie wenigstens Bürokratie gezielt und wirksam den Kampf ansagen und wirkungsvoll vereinfachen. Vorschläge hierfür gibt es zu Hauf, sie kosten wenig und bringen viel – an Wachstum für die Steuern, an Wettbewerbsfähigkeit für die Unternehmen, an Sicherheit für die Beschäftigten und an Akzeptanz für die Politik.


Michael Alber
Geschäftsführer
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