05.10.2023

Ein Plädoyer für mehr Marktwirtschaft

Im Mittelpunkt der BGA-Mitgliederversammlung am 20. September in Berlin stand die wirtschaftliche Situation des Großhandels und der deutschen Wirtschaft insgesamt. Mit einem fulminanten Plädoyer für marktwirtschaftliche Lösungen bestärkte Prof. Dr. Dr. h. c. Lars P. Feld die zahlreichen Teilnehmer in ihrem Engagement für attraktive wirtschaftliche Rahmenbedingungen am Standort Deutschland nicht nachzulassen. Zuvor beleuchteten BGA-Präsident Dr. Dirk Jandura und BGA-Hauptgeschäftsführer Antonin Finkelnburg in ihren Reden die Situation des Großhandels und die konkreten Lösungsansätzen, die sich aus BGA-Sicht ergeben.

Prof. Lars Feld, Persönlich Beauftragter des Bundesministers der Finanzen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie Direktor des Walter Eucken - Institutes, war zu einer Einschätzung der volkswirtschaftlichen Lage und der weiteren Perspektiven für Deutschland eingeladen. Die Konjunktur in Deutschland werde kritischer betrachtet als sie ist, so Feld eingangs mit Blick auf die verhaltenen Konjunkturprognosen für 2023. Egal ob das Wachstum knapp über oder unter Null liege, Deutschland befinde sich in einer „Stagnation mit negativem Touch“. Deutschland sei im internationalen Vergleich stärker von aktuellen Krisen betroffen, als andere Volkswirtschaften wie Italien oder Frankreich.

Mit Blick auf die hartnäckig hohe Inflation ging er kritisch mit der langjährigen Fiskalpolitik ins Gericht. Die Ursachen sieht er weniger in den Preisen für Energie und Nahrungsmittel, sondern in der hohen Kerninflation, die ihre Ursache in einer expansiven Fiskalpolitik und einer zu langen und zu üppigen expansiven Geldpolitik – finanziert über Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank EZB - hat. Für die in den letzten Jahren steigenden Lohnstückkosten und die höheren Energiepreise sieht er keine wirksamen Lösungsansätze. Bei den Steuersätzen liege Deutschland an der Spitze. Und fordert daher die effektiven Steuersätze zu senken, er sieht im Wachstumschancengesetz einen Beitrag dazu.

Aufbruch statt Stillstand
Bereits in der vorgehenden Rede wurde die aktuelle wirtschaftliche Lage von BGA-Präsident Dr. Dirk Jandura kritisch gesehen und darauf verwiesen, dass Deutschland drohe, massiv an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, wenn eine Verbesserung der Rahmenbedingungen am Standort Deutschland nicht schnell und wirksam umgesetzt werde. „Wir brauchen endlich Aufbruch, Fortschritt statt Stillstand, und vor allem konkrete Ergebnisse, statt leerer Versprechen“, forderte BGA-Präsident Dr. Dirk Jandura.
„Es steht schlecht um den Standort Deutschland. Die Wirtschaftsleistung in den USA, China und Japan nimmt zu, in Deutschland nimmt sie ab. Wir sind das einzige Land in der Euro-Zone, das seine Wirtschaftsleistung aus der Vor-Corona-Zeit noch nicht wieder erreicht hat.. Wir sind nicht mehr Export-Weltmeister. Wir sind Bürokratie-Weltmeister.“

Der Präsident benannte die Forderungen des Groß- und Außenhandels, sowie der unternehmensnahen Dienstleistungen. Die Probleme lägen auf dem Tisch und wir bräuchten eine deutliche Veränderung und einen echten Umschwung in diesem Land. Hier betonte er, dass Arbeit sich wieder lohnen müsse und Bildung und Arbeitskräfte Vorfahrt haben müssen. Schluss müsse sein mit der ewig überbordenden Bürokratie und mit dem staatlichen grünen Wirtschaftsdirigismus und der Verbotspolitik. Er forderte von der Digitalisierung nicht nur zu sprechen, sondern sie umzusetzen. Die Infrastruktur dringend auszubauen. Endlich die Unternehmenssteuern zu senken. Und last but not least: Vorfahrt für den Freihandel.

Abschließend folgt der Apell, den Dr. Jandura in gleichem Maße an die Politiker von Regierung und Opposition richtet, egal ob in Berlin oder Brüssel: „Wir brauchen endlich echten Aufbruch. Politik, die gestalten will. Zum Wohle des Landes und seiner Menschen und nicht um die nächste Wahl zu gewinnen. Als Großhandel, Außenhandel und unternehmensnahe Dienstleister sind wir bereit unseren Teil zu leisten. Meine Damen und Herren, Handel macht stark. Handel ist stark. Und er soll es auch bleiben. Dafür kämpfen wir.“
Großhandel betroffen.

In seiner anschließenden Rede begann Hauptgeschäftsführer Antonin Finklenburg mit einer Beschreibung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland und stützte sich dabei auf die durch den Verband selbst erhobenen Daten. „Die Lage ist ernst. Und viele der hier im Raum anwesenden Branchen haben zu kämpfen. Unsere eigenen Untersuchungen, das Konjunkturbarometer und die Trends und Analysen, zeigen das zielgenau. Die Inflation ist nach wie vor hoch. Die Lager sind voll, doch die Nachfrage lässt nach. Der Konsum lässt noch zu wünschen übrig. Das Bild könnte rosiger sein.“

Auf europäischer Ebene sprach Finkelnburg das Thema Lieferkette an und konnte konkreten Erfolg der Lobbyarbeit vermelden. Bei keinem anderen Thema mit Ausnahme der Tarifrunde hätte der BGA so sehr Gas gegeben, da es seine Mitglieder alle beträfe. Die Regulierung würde trotz anderslautender Gesetzgebung durch die Lieferkette durchgereicht werden und viele Unternehmen und Lieferanten überfordern. Umso besser, dass die BGA-Forderung, die Berichtspflicht deutlich zu entschärfen und zeitlich erheblich zu strecken, umgesetzt wurden. Und sie könne, so die neueste Information aus dem Bundeswirtschaftsministerium, vielleicht sogar völlig entfallen.
 

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Michael Alber
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