Nachhaltiger Handel mit Entwicklungs- und Schwellenländern
Das Import Promotion Desk (IPD) eröffnet kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in ausgewählten Entwicklungs- und Schwellenländern den Zugang zum EU-Markt. Es unterstützt Exportunternehmen auf der sogenannten „letzten Meile“, begleitet Produzenten und Service-Anbieter auf den europäischen Markt und vermittelt Kontakte mit potenziellen Geschäftspartnern.
Gleichzeitig hilft das IPD deutschen und europäischen Importeuren beim internationalen Sourcing von Produkten, Rohstoffen oder Dienstleistungen, damit sie ihr Beschaffungsmanagement diversifizieren können.
Im Interview erläutert Dr. Julia Bellinghausen, Leiterin des IPD, welche Bedeutung der Außenhandel in der Entwicklungszusammenarbeit für die deutsche Importwirtschaft hat, welches Potenzial in Entwicklungs- und Schwellenländern steckt und wie das IPD Handelspartner zusammenbringt, damit sie nachhaltig zusammenarbeiten.
Welche Rolle spielt das IPD in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Partnern aus Entwicklungs- und Schwellenländern?
Dr. Julia Bellinghausen: Das IPD arbeitet an der Schnittstelle von Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaft. Unser Ziel ist es, Entwicklungsländer besser in den globalen Handel zu integrieren und damit einen substanziellen Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung in diesen Ländern zu leisten.
Gleichzeitig unterstützen wir als Initiative zur Importförderung deutsche und europäische Unternehmen dabei, neue Beschaffungsmärkte in den Partnerländern zu finden, ihr Portfolio zu erweitern und langfristige Geschäftskontakte aufzubauen.
Als Teil des entwicklungspolitischen Netzwerks „Partners in Transformation – Business & Development Network“ entwickeln wir diese beiden Säulen – Entwicklungszusammenarbeit und Außenhandel – weiter. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bündelt in diesem Netzwerk seine Programme für Wirtschaftsakteure. Gemeinsam mit anderen Wirtschaftsprogrammen wollen wir die sozial-ökologische und feministische Wirtschaftstransformation in den Entwicklungs- und Schwellenländern vorantreiben.
Unsere Erfahrungen aus den vergangenen Jahren zeigen, dass unser Konzept der entwicklungsorientierten Importförderung aufgeht. Wir konnten bereits viele europäische Unternehmen, die ihr wirtschaftliches Engagement nachhaltig gestalten wollen, bei ihrem Beschaffungsprozess unterstützen. Und wir eröffnen KMU aus unseren Partnerländern langfristig den Zugang zum EU-Markt.
Das zeigt Wirkung in den IPD-Partnerländern: Unser Engagement bekämpft Armut, schafft produktive Beschäftigung und gibt Familien Zukunftsperspektiven im ländlichen Raum.
Neben der wirtschaftlichen Entwicklung in den Partnerländern fördert die Einbindung der Unternehmen in den globalen Handel auch soziale und ökologische Aspekte. So werden die ländlichen Strukturen gestärkt, Frauen gefördert und auch der Schutz der natürlichen Ressourcen ausgebaut.
Wie können Sie den Erfolg Ihrer Arbeit messen?
Dr. Julia Bellinghausen: Das IPD hat ein sehr breit angelegtes Monitoring aufgesetzt, das sich auf wirtschaftliche Daten fokussiert, wie den Exportumsatz der IPD-Unternehmen, ihre Investitionen und die Zahl der Beschäftigten. Eine wichtige Kennzahl ist die Anzahl der Geschäftsabschlüsse. Jedes „Match“ zählt, denn es hat Auswirkungen auf das Unternehmen, seine Beschäftigten, die Region.
Unser Monitoring zeigt, dass der wirtschaftliche Erfolg des einzelnen Unternehmens den Menschen in den Regionen zugutekommt. Die Unternehmen erweitern ihre Anbauflächen und Produktion, sie nehmen mehr Kleinbauern unter Vertrag und stellen weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein.
Zudem investieren sie in Qualitätsstandards und Zertifizierungen, wie das Bio-Siegel. Damit einher geht eine Professionalisierung in der Produktion, die auch die Kleinbauern umfasst. So kommen die Impulse des EU-Markts auch in den ländlichen Regionen an.
Zwei Beispiele belegen die Entwicklung eindrücklich: Im Durchschnitt haben die Unternehmen im IPD-Programm ihren Exportumsatz nach Europa bislang um 99,7 Prozent gesteigert und die Zahl ihrer Beschäftigten um 52 Prozent erhöht.
Zukünftig werden wir zudem unsere Anstrengungen zur Steigerung des Anteils an frauengeführten Unternehmen im IPD-Programm evaluieren und auch die Zahl der Arbeitsplätze getrennt nach Geschlechtern erfassen.
Was ist das Erfolgsrezept des IPD?
Dr. Julia Bellinghausen: Unser Erfolgsrezept ist die Nachfrageorientierung. Wir fördern gezielt den Export von Produkten und Dienstleistungen, für die es auf dem deutschen und europäischen Markt eine hohe Nachfrage gibt. Welche Produkte und Services das sind, prüfen wir auf Basis von Marktanalysen und in Zusammenarbeit mit Branchenverbänden, mit denen wir in einem kontinuierlichen Austausch stehen. Denn nur wenn in Europa ein Produktinteresse besteht, können sich langfristige Geschäftsbeziehungen etablieren.
Beim Sourcing achten wir zudem darauf, dass die Unternehmen im IPD-Programm die EU-Standards erfüllen, seien es rechtliche Normen, Einfuhrbestimmungen oder Zertifizierungen. Wir bieten den Firmen maßgeschneiderte Informationsangebote und Trainings und beraten sie im gesamten Prozess des Qualitätsmanagements. So sind sie optimal auf den Markt in Europa vorbereitet.
Und diese Vorauswahl und Vorbereitung der Unternehmen zahlen sich aus: Wir können so europäischen Unternehmen marktrelevante Produkte und zuverlässige Unternehmen vermitteln. Dieses sogenannte „Matchmaking“ erfolgt im Rahmen von Fachmessen, Beschaffungsreisen und B2B-Meetings, bei denen wir unsere Firmen vorstellen.
Für europäische Unternehmen hat der Direkthandel viele Vorteile. Wenn sie direkt von den Produzenten einkaufen und nicht über Zwischenhändler gehen, bedeutet das für sie mehr Transparenz in der Lieferkette und gleichzeitig können sie mit den Produzenten direkt ihre Anforderungen und Wünsche verhandeln.
Von einem Geschäftsabschluss profitieren dann beide Partner gleichermaßen: Unsere Unternehmen gewinnen neue Absatzmärkte in der EU und Importeure erweitern ihr Beschaffungsmanagement – also eine Win-Win-Situation für beide. Sie schafft die Grundlage für langfristige Handelsbeziehungen.
In welchen Bereichen ist das IPD aktiv?
Dr. Julia Bellinghausen: Ein Schwerpunkt des IPD liegt in der Forst- und Landwirtschaft. Dazu zählen die Sektoren natürliche Zutaten für Lebensmittel, Pharmazie und Kosmetik, frisches Obst und Gemüse, Schnittblumen und nachhaltiger Fisch und Meeresfrüchte.
Viele Entwicklungsländer verfügen über wertvolle Rohstoffe. Wenn diese Rohprodukte vor Ort weiterverarbeitet werden, entstehen ganz neue Wertschöpfungsketten. Zudem bietet die Bio-Zertifizierung große Chancen. Wir informieren daher die Produzenten über die erhöhte Nachfrage von Bio-Produkten auf dem EU-Markt.
Zudem ist das IPD in zwei Dienstleistungsbranchen aktiv: Nachhaltiger Tourismus und IT-Outsourcing. Der Tourismus-Sektor ist eine beschäftigungsintensive Branche und leistet in vielen Ländern einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung.
Der Sektor Outsourcing von IT-Dienstleistungen ist durch eine hohe Nachfrage geprägt. Bei uns steigt der Bedarf an digitalen Anwendungen, aber in Europa fehlen die Fachkräfte. Dagegen stehen in den IPD-Partnerländern, vor allem in den afrikanischen Ländern, junge Fachleute – darunter viele Frauen – zur Verfügung. Hier wollen wir als IPD ansetzen – ganz im Sinne unseres Konzepts der Nachfrageorientierung.
Wie stellen Sie sicher, dass die Unternehmen im IPD-Programm den wachsenden Anforderungen an ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit gerecht werden?
Dr. Julia Bellinghausen: Die Förderung eines nachhaltigen Angebots aus Entwicklungs- und Schwellenländern ist ein zentrales Thema des IPD. Die bereits skizzierte Nachfrageorientierung und damit verbunden langfristige Absatzmöglichkeiten der Exporteure auf dem EU-Markt sind eine wesentliche Voraussetzung für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Effekt in unseren Partnerländern.
Neben der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit berücksichtigen wir auch ökologische und soziale Aspekte. Bereits bei der Festlegung unserer Sektoren, in denen wir uns engagieren, und beim Sourcing spielen u.a. die ressourcenschonende Produktion, die Steigerung und Verbesserung der Beschäftigungsverhältnisse sowie die Förderung der weiblichen Beschäftigten eine Rolle.
Darüber hinaus bereiten wir die Unternehmen in CSR-Trainings (Corporate Social Responsibility) auf die aktuellen Marktanforderungen mit Blick auf Umwelt- und Sozialstandards vor. Neben den gesteigerten Ansprüchen der Verbraucherinnen und Verbraucher sind es gesetzliche Bestimmungen, die es zu beachten gilt, wie z.B. in Deutschland das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten. In den Trainings informieren wir die IPD-Unternehmen zu den aktuellen gesetzlichen Anforderungen sowie der grundsätzlichen Bedeutung von verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln und unterstützen sie bei der strategischen Verankerung von CSR in ihrer Unternehmenskultur.
Patrick Federl
Referent für Importförderung im Auftrag des Import Promotion Desk (IPD)
Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin
0176 465 965 51
patrick.federl@bga.de
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