WAA berät über Chancen und Herausforderungen beim Handel mit Lateinamerika
Die Fragen, wie die Zusammenarbeit mit Lateinamerika bei einer Diversifizierung der Lieferketten helfen kann und welche Marktpotenziale für den Handel bestehen, standen im Mittelpunkt der 253. Sitzung des Wirtschaftsausschusses für Außenhandelsfragen (WAA) beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die am 20. September 2023 in Berlin stattgefunden hat.
In einem ersten einführenden Vortrag stellte Felix Lutz von der Generaldirektion AGRI der EU-Kommission aktuelle Entwicklungen in den Handelsbeziehungen mit Lateinamerika und deren Auswirkungen auf den EU-Agrarhandel mit Lateinamerika dar. Dabei betonte er die Bedeutung des Kontinents als Handelspartner für die EU sowie im Hinblick auf die weltweite Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Weiter führte er aus, mit welchen Ländern in Lateinamerika die EU bereits Handelsabkommen abgeschlossen hat und wie sich diese auf den Agrarhandel in Mittelamerika ausgewirkt haben. Ebenfalls stellte er den Stand gegenwärtig laufender Verhandlungen zu Freihandelsabkommen und deren Inhalte dar; insbesondere ging er auf die Kapitel zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen ein. Herr Lutz erläuterte die Ziele der EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung (EUDR) und kündigte an, dass die EU lateinamerikanische Staaten bei der Umsetzung der EUDR unterstützen wolle. Als großer Abnehmer von unter die EUDR fallenden Produkten habe die EU eine große Verantwortung, sich gegen Entwaldung zu engagieren.
Ein zweiter einführender Vortrag wurde von S.E. Fernando Miguel López Fabregat, Botschafter der Republik Östlich des Uruguay, gehalten. Darin befasste sich der Botschafter mit Chancen und Risiken des EU-Mercosur Abkommens aus lateinamerikanischer Perspektive. Er hob hervor, dass die Menschen in der EU und den Staaten des Mercosur dieselben Werte teilten, so dass auf dieser Grundlage ein Freihandelsabkommen leicht abzuschließen sein sollte. Dabei müsse es zu einem Ausgleich der Interessen auf beiden Seiten kommen. Herr López Fabregat bedauerte, dass das Mercosur-Abkommen trotz der langen Verhandlungsdauer von über 20 Jahren noch immer nicht abgeschlossen sei. Die aktuelle Weltlage sollte beide Seiten darin bestärken, dies nun zu ändern. Dringend warnte der Diplomat davor, die bereits erreichten Verhandlungsergebnisse erneut zu hinterfragen und betonte das Interesse seines Landes an einem baldigen Abschluss des Abkommens.
Partnerschaft auf Augenhöhe
Der dritte einführende Vortrag kam von Max Mueller, Senior Vice President and Head Global Public Affairs Bayer AG. Er berichtete aus der Perspektive der Wirtschaft, wie Wirtschaftsbeteiligte beider Kontinente auf die Handelsbeziehungen der EU und Lateinamerikas blicken. Er stellte fest, dass die Krisen der letzten Jahre (Covid-19, Krieg in der Ukraine, Bekämpfung des Klimawandels) Auswirkungen auf den internationalen Handel hatten. Lateinamerika schaue nicht mehr nur auf die EU, sondern auch nach Asien. So verschöben sich Achsen, insbesondere dann, wenn andere Regionen attraktiver erscheinen, weil dort Anforderungen geringer seien. Er äußerte die Sorge, dass Deutschland und die EU den Anschluss verlieren könnten. So stünde man sich hier beispielsweise bei technischen Innovationen bisweilen im Weg, während entsprechende Neuerungen in Drittstaaten schneller zur Anwendung gelangten. Mit Blick auf das Mercosur-Abkommen erklärte Mueller, dass Zusatzanforderungen der EU als Marktabschottung angesehen würden. Statt Drohungen forderte er eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Angesichts der Wahlen zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr müsse das Abkommen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden.
In der anschließenden Diskussion wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob die Farm to Fork – Strategie (F2F) und die Handelspolitik der EU-Kommission miteinander synchronisiert seien. Ebenso diskutierten die Teilnehmer über die Vor- und Nachteile von Multilateralismus und regionalen Freihandelsabkommen. Mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen wurde erörtert, ob Freihandelsabkommen zu deren Erreichung beitragen könnten. Zudem wurde festgestellt, dass eine nachhaltigere Landwirtschaft nicht ohne Veränderungen erreicht werde. In diesem Zusammenhang wurde auch erklärt, dass es möglich sei, 10 Milliarden Menschen zu ernähren und gleichzeitig weniger Pflanzenschutzmittel in der Lebensmittelproduktion einzusetzen. Voraussetzung hierfür sei aber, das technische Neuerungen zugelassen würden. Sollte dies in Europa ausbleiben, drohe die Gefahr, dass die Produktion in Drittstaaten abwandern könne. Abschließend wurde dafür plädiert, die gemeinsame Wertebasis in der EU und in Lateinamerika für eine gemeinsame Wertschöpfung zu nutzen.
Inhaltlich abgerundet wurde die Sitzung durch Ausführungen zu aktuellen handelspolitischen Fragen. Dabei wurde über die Situation der Agrarausfuhren aus der Ukraine in die EU sowie über den jeweiligen Verhandlungsstand zu den Freihandelsabkommen der EU mit Neuseeland, Australien, Indien, Malaysia und Thailand berichtet.


Sebastian Werren
Abteilungsleiter Agrar + Ernährungswirtschaft
Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin
030 59 00 99 561
sebastian.werren@bga.de

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