23.08.2023

Wirtschaft stagniert

Die deutsche Wirtschaft verzeichnete im zweiten Quartal eine Stagnation, nachdem sie sich im Verlauf des Winterhalbjahres leicht rückläufig entwickelt hatte. Dies ist zusammengefasst die Bewertung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland im August 2023. Während der private Konsum aufgrund abnehmender Inflationstendenzen und höherer Lohnabschlüsse stabilisierend wirkte, wurden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch schwache externe Faktoren und eine gedämpfte Produktions- und Exportentwicklung beeinträchtigt. Zugleich bleibt das ökonomische Umfeld durch geopolitische Spannungen und weltweite Unsicherheiten geprägt. Vor diesem Hintergrund deuten aktuelle Frühindikatoren noch nicht auf eine bevorstehende Belebung der Konjunktur in den kommenden Monaten hin.

Der Außenhandel schwächelt: Im Juni verzeichneten die nominalen Ausfuhren von Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zum Vormonat einen Anstieg um 1,0 Prozent. Im Quartalsvergleich waren sie jedoch um 0,8 Prozent geringer. Die Einfuhren hingegen sanken im Juni im Vergleich zum Vormonat um 2,4 Prozent und im Vergleich zum vorherigen Quartal um 1,2 Prozent. Dies führte zu einem spürbaren Anstieg des monatlichen Handelsbilanzüberschusses von 10,9 Mrd. Euro im Mai auf 16,0 Mrd. Euro im Juni. Während die Ausfuhren in EU-Länder um 1,3 Prozent stiegen, gingen die Exporte in Drittländer um 1,1 Prozent zurück. Besonders die schwache Nachfrage aus China führte zu einem Exportrückgang von 5,9 Prozent.

Auch in der Produktion im produzierenden Gewerbe zeigt sich eine ähnlich schwächelnde Entwicklung. Nach einer nahezu unveränderten Entwicklung im Mai sank die Produktion im Juni um 1,5 Prozent. Sowohl die Industrie als auch der Bau verzeichneten Rückgänge von 1,3 Prozent bzw. 2,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Hingegen konnte der Energiesektor nach vorherigen starken Rückgängen in den Vormonaten leicht um 0,6 Prozent zulegen. Dies führte zu einem Anstieg von 1,1 Prozent in energieintensiven Industriezweigen, während die Bereiche Automobilbau und Maschinenbau Rückgänge von 3,5 Prozent bzw. 1,3 Prozent verzeichneten. Während die Produktion zurückging, verzeichneten dagegen die Auftragseingänge im Juni starke Zuwächse von 7,0 Prozent, nach einem Anstieg von 6,2 Prozent im Mai. Diese Zuwächse sind jedoch hauptsächlich auf die Volatilität von Großaufträgen zurückzuführen. Ohne Berücksichtigung dieser Schwankungen gingen die Bestellungen um 2,6 Prozent zurück.

Bei der Inflation zeichnet sich eine positive Entwicklung ab: Die Inflation nahm im Juli weiter ab und liegt nun bei 6,2 Prozent. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen allerdings erneut überproportional um 11,0 Prozent, obwohl hier ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum März zu verzeichnen ist, als die Teuerungsrate noch bei 22,3 Prozent lag. Die Energiepreise lagen im Juli um 5,7 Prozent höher als im Vorjahr und üben somit einen nachlassenden Druck auf die verschiedenen Wirtschaftsstufen aus. Die Einfuhrpreise lagen im Juni um 11,4 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres, während die Erzeugerpreise nur noch um 0,1 Prozent darüber lagen. Die Großhandelsverkaufspreise sanken im Juni sogar um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Umsätze im Einzelhandel gingen im Juni um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück, nach Anstiegen von 2,1 Prozent im Mai und 0,8 Prozent im April. Somit ergibt sich im zweiten Quartal insgesamt ein Anstieg um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Dabei verzeichnete der Handel mit Lebensmitteln im Juni einen Rückgang von 1,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat und von 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Trotz der schwachen Grunddynamik zeigt sich der Arbeitsmarkt weiterhin relativ stabil. Die Anzahl der gemeldeten offenen Stellen sank im zweiten Quartal auf 1,74 Millionen und liegt somit 10 Prozent unter dem Niveau des Vorjahresquartals. Unternehmen planen allerdings weniger Neueinstellungen und dennoch bleibt die Beschäftigungskomponente des IAB-Barometers auf einem hohen Niveau.

Der BGA teilt die verhaltene Einschätzung des BMWK, dass eine konjunkturelle Erholung im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld vorerst nicht zu erwarten ist. Nachlassende Preise und steigende Einkommen könnten zwar den Konsum beleben und eine weitere Entspannung in den Lieferkettenproblemen auch die Versorgungslage bessern. Geldpolitische Straffungen und geopolitische Unsicherheiten wirken jedoch weiterhin dämpfend auf die konjunkturelle Entwicklung. Vor diesem Hintergrund ist unverständlich, warum die Bundesregierung so zögerlich an die dringend notwendige Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland geht. Die Blockade beim Wachstumschancengesetz muss schnell erfolgen und Anpassungen nicht hinter dem Referentenentwurf zurückbleiben.
 

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