Konjunktur in Deutschland
„Konjunkturelle Erholung verzögert sich weiter“ – so lautet zusammenfassend die Bewertung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland im Juli 2024. Das BMWK prognostiziert, dass die Fußball-Europameisterschaft die konjunkturelle Schwächephase aufgrund geringer Auslandsnachfrage in der Industrie zumindest kurzfristig kompensieren kann. Positive Einflüsse werden von steigenden Realeinkommen, einem Anstieg der Beschäftigungszahlen und Impulsen von der Außenwirtschaft erwartet. Die Produktion im Bau ist dagegen genauso wie die Industrieproduktion im Mai im Vergleich zum Vormonat gesunken. Während sich die Stimmung in der Weltwirtschaft stetig verbessert, hatte sich die die Stimmung bei privaten Verbrauchern wieder etwas eingetrübt.
Die Konjunkturindikatoren zeigen nach der Einschätzung des BMWK insgesamt noch ein ambivalentes Bild. Die Produktion im Produzierenden Gewerbe sank im Mai um 2,5 Prozent gegenüber dem Vormonat. Nachdem diese noch zu Beginn des Jahres gestiegen und im April stagnierte, bewegen sich die Veränderungsraten nun im negativen Bereich. Sowohl die Bauproduktion als auch die Industrieproduktion wurden um 3,3 Prozent bzw. 2,9 Prozent zurückgefahren. Innerhalb der Industrie entwickelten sich die Wirtschaftszweige jedoch unterschiedlich: Produktionsausweitungen konnten die Hersteller von chemischen Erzeugnissen (+2,4 Prozent) sowie Nahrungs- und Futtermitteln (+1,4 Prozent) verzeichnen. Hingegen wurde die Produktion in gewichtigen Bereichen wie Kfz/Kfz-Teile (-5,2 Prozent) sowie in den Wirtschaftszweigen elektrische Ausrüstungen (-7,2 Prozent) und von pharmazeutischen Erzeugnissen (-5,4 Prozent) gedrosselt, ebenso im bedeutsamen Maschinenbau (-5,9 Prozent).
Der Warenhandel tendierte zuletzt unter monatlichen Schwankungen tendenziell positiv. Im April hat der weltweite Warenhandel saisonbereinigt um 1,5 Prozent gegenüber dem Vormonat zugenommen, nachdem er zuvor um 1,1 Prozent gefallen war. Aktuelle Frühindikatoren weisen nach Ausführung des BMWK auf eine weitere Belebung hin. Der RWI/ISL- Containerumschlag-Index ist im Mai saisonbereinigt von 129,1 auf 129,9 Punkte gestiegen. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe sind dagegen zum vierten Mal infolge gesunken und liegen preis-, kalender- und saisonbereinigt 1,6 Prozent unter dem Vormonat. Ohne Berücksichtigung der hohen monatlichen Schwankungen durch Großaufträge ergibt sich im Mai ein Minus von 2,2 Prozent. Aus dem Inland gab es zwar 0,5 Prozent mehr Bestellungen zu verzeichnen, aber die Ordereingänge aus dem Ausland fielen mit –2,8 Prozent deutlich. Dabei fiel insbesondere ein Orderminus aus dem Nicht-Euroraum (-4,6 Prozent) ins Gewicht.
Auch bei den Auftragseingängen war innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes im Februar in den einzelnen Bereichen eine unterschiedliche Entwicklung zu beobachten: Die größten Rückgänge wurden bei Herstellern von Sonstigen Fahrzeugen (-19,2 Prozent) verzeichnet. Auch die bedeutende Kfz-Industrie (-2,9 Prozent) und der Maschinenbau (-1,9 Prozent) meldeten eine Abnahme bei den Bestellungen. Im Gegensatz dazu konnten in der Metallerzeugung (+3,8 Prozent) und bei Daten-, elektrischen und optischen Geräten (+11,2 Prozent) Steigerung verbuchen werden. Die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe wurden in den vergangenen Monaten häufig von Großaufträgen beeinflusst und zeigten starke Schwankungen. Insgesamt ist der Trend jedoch weiterhin rückläufig, so das BMWK.
Aktuelle Umsatzzahlen des Einzelhandels des Statistischen Bundesamtes liegen noch nicht vor. Im April sind die realen Umsätze im Vorjahresvergleich aber zum zweiten Mal positiv ausgefallen und stiegen um +0,3 Prozent. Die realen Umsätze im Einzelhandel sind allerdings im April im Vergleich zum Vormonat um 0,2 Prozent gesunken, nachdem sie im Vormonat leicht gestiegen waren. Die Stimmung der privaten Haushalte in Deutschland zeigt nach Einschätzung des BMWK Anzeichen einer Stabilisierung. Allerdings haben sich der GfK-Konsumklimaindex und das HDE-Konsumbarometer zuletzt eingetrübt. Die Reallöhne wiesen im ersten Quartal 2024 mit einem Zuwachs von 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal den vierten Anstieg in Folge und das stärkste Reallohnwachstum im Vorjahresvergleich seit Beginn der Zeitreihe 2008 auf. Vor allem für Geringverdiener war der Lohnanstieg deutlich überproportional. Dies dürfte zu einer Stabilisierung des Konsums beitragen.
Die Inflation ist im Juni leicht auf + 2,2 Prozent gefallen, nachdem sie noch im Mai +2,4 Prozent betrug. Damit liegt sie wieder auf dem Niveau von März und April. Die Energiepreise waren im Juni gegenüber dem Vorjahresmonat mit -2,1 % wieder stärker rückläufig als im Mai, als sie sich um 1,1 Prozent verringert hatten. Auch auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen ist eine weiter nachlassende Preisdynamik zu beobachten. Die Erzeugerpreise lagen im Mai um 2,2 Prozent und die Einfuhrpreise um 0,4 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Die Großhandelspreise lagen im Mai im Vorjahresvergleich um 0,7 Prozent ebenfalls unter Vorjahr.
Verschiedene stimmungsbasierte Frühindikatoren haben sich eingetrübt, so das BMWK weiter. Die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen hat laut ifo Beschäftigungsbarometer im Juni wieder leicht abgenommen. Und die Wirtschaftsforschungsinstitute gehen in ihrer Frühjahresgemeinschaftsdiagnose zunächst noch von einer wirtschaftlichen Stagnation aus, bevor es im weiteren Jahresverlauf im Zuge rückläufiger Inflation, steigender Löhne und Einkommen, einer anhaltend stabilen Arbeitsmarktentwicklung und zunehmenden Impulsen von der Außenwirtschaft zu einer spürbaren konjunkturellen Belebung kommen soll.
Der BGA bleibt angesichts der schwachen, uneinheitlichen Entwicklung weiterhin verhalten in seiner Einschätzung der aktuellen Lage. So lag das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2024 um 0,9 Prozent niedriger als im Vorjahr. Eine nachhaltige Trendwende hin zu einem dynamischeren Wachstum ist nach Einschätzung des BGA weiterhin nicht zu erkennen und würde aus Sicht des BGA mutige und entschlossene Schritte erfordern. Mit der Verständigung auf den Bundeshaushalt 2025 und auf eine Wachstumsinitiative mit 49 geplanten Maßnahmen hat die Bundesregierung nun einen Aufschlag gemacht. Die Ausgestaltung und Umsetzung in den parlamentarischen Beratungen muss nun rasch erfolgen und eine Aushöhlung wie beim Wachstumschancengesetz unterbleiben. Der BGA begrüßt dabei insbesondere die einstweilen geplante Aussetzung des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Nur wenn die Maßnahmen ernsthaft umgesetzt und nicht durch andere Maßnahmen konterkariert werden, können sie zu einer Stimmungsaufhellung in der Wirtschaft und mehr Dynamik führen.


Michael Alber
Geschäftsführer
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michael.alber@bga.de

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